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Thema | April 2023


Himmel, Hölle und das Kreuz

Widersprüchlicher könnte es nicht sein: Der liebende Gott verurteilt Menschen zur Hölle. Andererseits dürfen verdorbene und schuldige Menschen in den Himmel. Christliche Glaubenssätze werfen Fragen auf. Antworten bietet das Kreuz. Es ist der Berührungspunkt von Himmel und Hölle.



Staunen und lernen
Karfreitag und Ostern: Das sind Tage demütiger und anbetender Andacht, voll von grosser Dankbarkeit und hoffnungsvoller Freude. Das Geschehen am Kreuz und der Jubel am Ostermorgen sollen uns immer wieder tief berühren und Momente der Ausrichtung auf Gott sein. Verpassen wir es nicht, uns in diesem Jahr solche Herzenszeiten in der Hektik des Alltags frei zu halten! 

Als Erstes und am dringlichsten sollen mich Karfreitag und Ostern persönlich ansprechen. Darüber hinaus sind die Leiden und die Auferstehung von Jesus Christus wie ein Brennglas von Gottes Offenbarung. Wir sollen hinschauen und lernen. Dort sehen wir den Bezugspunkt, an dem sich jedes Denken über Gott und die Welt orientieren muss – auch das Denken über Himmel und Hölle.

Kritik
Die Hölle ist heutzutage ein schwieriges Thema, denn wir verbinden sie oft mit einer angsteinflössenden Drohbotschaft. Nicht nur der Ablasshandel zu Luthers Zeiten profitierte davon. Weit darüber hinaus wurde Feuer und Verdammnis druckvoll eingesetzt. Heute fokussieren wir uns auf den Himmel, und man fragt sich dabei, ob die Lehre von der Hölle überhaupt zu einem liebenden Gott passt und ob nicht zu viel Schaden angerichtet wurde durch die Schilderung schauriger Höllenszenen. Im Ringen um die richtige Sicht auf diese ewigen Realitäten sollen uns weder der Zeitgeist noch die Vergangenheit leiten, sondern Gottes Offenbarung.

Der Tod von Jesus – ein Muss
Karfreitag. Das Kreuz sackt aufgerichtet in seine Verankerung. Nun hängt er da. Normalerweise schaut man weg bei Hinrichtungen. Die Bibel schaut hin.

Der Gang ans Kreuz war für Jesus Pflicht. Es war seine Mission, sein Leben zu geben, um uns loszukaufen (Matthäus 20,28). Wenn es einen anderen Weg gäbe, Menschen zu retten, so würde er diesen wählen (Matthäus 26,39). Doch es gibt keinen anderen Weg. Das Kreuz zeigt uns, dass es etwas gibt, vor dem wir gerettet werden müssen. Ohne die Realität der Hölle gibt es keine Notwendigkeit für den Tod von Jesus. Er nimmt die Hölle, die wir verdient hätten, vorweg und durchlebt sie an unserer Stelle. Am Kreuz sehen wir die zerstörerische Wirkung der Sünde und wie sehr Gott diese hasst.

Eine zeitlich begrenzte Hölle, oder eine Hölle als Ort nur «für die wirklich bösen Menschen, ohne guten Kern», würde den Tod von Jesus nicht rechtfertigen. Denn er starb für uns alle, weil es keine spätere Option zur Rettung gibt.

Der Tod von Jesus – für Freund und Feind
«Die grösste Liebe zeigt der, der sein Leben für seine Freunde opfert» (Johannes 15,13). «Doch Jesus starb für uns, als wir noch seine Feinde waren» (Römer 5,10). Er nennt uns dank seiner Geduld noch seine Freunde, trotz unserer Rebellion gegen ihn.  

Die Hölle ist als Ort für Gottes Feinde geschaffen, für den Teufel und seine Dämonen (Matthäus 25,41). Sie ist wie ein Gefängnis: alle Rebellion ist weggesperrt und dies schafft die Bedingung für himmlischen Frieden. Fantasievolle Bilder der Hölle, wo Satan Menschen quält, sind also irreleitend. Es ist nicht der Ort, wo Satan herrscht, sondern der Ort, wo er in Zukunft bestraft wird und mit ihm, wer in Rebellion verharrt. 

Ein falsches Denken macht aus der Hölle eine Karikatur: Menschen, die sich zu Lebzeiten nicht bekehrt haben, wimmern dort in Gottes Folterkammer vergeblich um Gnade. Die Bibel zeichnet ein anderes Bild: Es ist die logische Fortsetzung eines Lebens, das aus freien Stücken eine Identität ohne Gott gewählt hat. Dass Rebellion zu Verbitterung und Egozentrik zu beissendem Neid führt, können wir schon heute feststellen. Dreht sich diese Abwärtsspirale auch nach dem Tod weiter, führt das zu Verhärtung und Selbstzerfleischung. Das ist die Hölle. Ein Ort des Heulens und Zähneknirschens (Matthäus 13,50): die Rebellion gegen Gott setzt sich ewig fort. 

Deshalb wirft sich Jesus selbst in die Schusslinie und rettet damit das Leben seiner Feinde. Seine Absicht ist, dass sie, ergriffen von solcher Hingabe, noch zu ihren Lebzeiten ihren Widerstand aufgeben und sich mit Gott versöhnen lassen. Mit einem beispiellosen Akt der Liebe möchte er Feinde als Freunde gewinnen.

Der Tod von Jesus – der Weg zurück 
Jerusalem am Karfreitag-Nachmittag. Im Tempel ist es ruhig. Die Volksmenge ist ausserhalb der Stadt bei der Hinrichtung. Plötzlich zerschneidet ein lautes Zischen die Stille, und sogleich beginnt ein Tumult unter den Priestern. Der Vorhang im Tempel ist zerrissen, der die Menschen symbolisch von Gottes Gegenwart trennt. 

Seit tausenden von Jahren sind die Menschen nun aus dem Paradies und der sichtbaren Gegenwart Gottes vertrieben. Dafür steht der Vorhang mit seinen eingewebten Cherubinen bildhaft: sündig, unwürdig, ausgeschlossen vom Paradies ist der Mensch. Doch der Tod von Jesus ändert alles. Gott selbst zerreisst den Vorhang und lädt uns ein, in seine Gegenwart zu treten (Hebräer 4,16). Er schaut uns liebend an, hat Freude, ist gnädig – ein Stück Himmel auf Erden. Ein Anfang!

Jesus schafft einen Zugang in den Himmel für das Volk, das ihn gerade ans Kreuz schlägt. Das ist Gnade pur. Es ist an der Zeit, unseren eigenen Weg aufzugeben und anbetend vor diesem Jesus zu kapitulieren. 

Die Auferstehung von Jesus – der Himmel bricht an
Nun, am Ostermorgen, ist die Pflicht erledigt und der Himmel wird sichtbare Realität. Der Tod ist überwunden, die Verletzungen sind verheilt und Tränen verwandeln sich in erstaunten Jubel. Das neue Leben beginnt, welches bald darauf aus dieser Welt gehoben wird, um seinen Thron zu besteigen, ausgestattet mit göttlicher Ehre und Macht. Jesus ist dabei der Erste. Wer ihm nachfolgt auf dem Weg der Hingabe an Gott, der folgt ihm auch auf dem Weg der Auferstehung in den Himmel. Dieses Versprechen gilt!

Fazit
An Karfreitag und Ostern werden Himmel und Hölle sichtbar. Jesus hat die Hölle für uns durchlebt, um uns für den Himmel zu gewinnen. Beides, Himmel und Hölle, sind ewige Realitäten. Aber beides beginnt am Kreuz: die frohe Botschaft und ihr angsteinflössendes Gegenstück. Das Kreuz gibt uns wieder die Wahl: Entweder gehen wir am Kreuz von Jesus vorbei und bleiben in der Abwärtsspirale der Rebellion, Verhärtung und Verbitterung. Oder wir lassen uns durch seine Liebe entwaffnen, fallen vor ihm nieder und lassen uns versöhnen mit dem Gott, der uns das neue Leben schenkt. 

Karfreitag und Ostern – Zeit zum Staunen und Lernen.